Zum Artikel im Kölner Stadt Anzeiger: Eine Hommage an die Heimat


Wie kommt man heute überhaupt noch auf die Idee, eine Stadtansicht per Hand zu zeichnen?

Ich bin von Beruf Designer in der Filmindustrie und gebürtiger Kölner aus der Südstadt, das ergibt sich also irgendwie schon zwangsläufig.
Zwischen zwei Filmprojekten fing ich aus Spass an, meine Nachbarschaft aus der Vogelperspektive zu skizzieren, anfangs noch auf Papier. So ging es los.
Später habe ich dann ausschliesslich digital gezeichnet, auf speziellen Zeichenbildschirmen.

War Ihnen von Anfang an klar, wie das Bild am Ende aussehen sollte ?

Nein, überhaupt nicht.
Am Anfang hatte ich nur die Idee einer Vogelschauansicht meines Viertels mit einem vagen Hintergrund der Kölner Silhouette im Kopf. Erst während des Schaffensprozesses entwickelte es sich peu à peu zu diesem ganz persönlichen Panorama des südlichen Kölner Zentrums.
Das Bild ist dabei durch diverse Entwicklungsstadien gegangen, und ich habe verschiedenste Stile ausprobiert und auch wieder verworfen:
Zu Beginn war der Look z.B. viel realistischer, bis ich überraschend von Google-Streetview mit seinen 3D Ansichten überholt wurde. Das hat mich kurz aus der Bahn geworfen. Und dann habe ich das ganze Bild perspektivisch komplett neu aufgebaut und überarbeitet, das war schon sehr zeitintensiv.

Wie lange haben Sie daran gearbeitet?

Mit Unterbrechungen über sechs Jahre, von Ende 2009 bis Frühjahr 2017.  Die reine Arbeitszeit müsste so bei 2 1/2 Jahren liegen.
Zwischendurch habe ich immer wieder an diversen Filmprojekten gearbeitet.
In den letzten zwei Jahren habe ich mich dann aber, bis auf ganz wenige Ausnahmen, wirklich darauf konzentriert, das Bild zu vollenden..

Sind Sie angesichts der vielen Baustellen in Köln nicht manchmal verzweifelt?

Na ja, ewige Baustellen und Kräne spielen im Kölner Stadtbild ja schon immer eine prägende Rolle. Nicht umsonst war ein Kran auf einem unvollendeten Domturm jahrhundertelang das inoffizielle Kölner Wahrzeichen.
Aber klar, zeitweise kam ich mir vor, wie bei dem Hasen und dem Igel. Kaum hatte ich ein Viertel beendet, konnte ich irgendwo wieder was ändern, weil Häuser abgerissen und zuvor freie Flächen überbaut wurden.
Um überhaupt fertig werden zu können, setzte sich bei mir - sozusagen aus Selbstschutz - spät, aber immerhin rechtzeitig, die fatalistische Einsicht durch, daß das, was ich da mache, nur eine Momentaufnahme des äusserst quirligen Köln-Organismus sein kann. Sonst wäre ich vermutlich wahnsinnig geworden und meine Frau hätte mich verlassen, weil ich nur noch auf Häuser starrte...

Auf jeden Fall ist das Bild jetzt eine ungefähre Momentaufnahme der Jahre 2012 bis 2015 .
Und das mit den Baustellen wird sich so schnell wohl auch nicht ändern.

Gab es Vorbilder?

Natürlich habe ich im Lauf der Jahre alle mir verfügbaren Stadt- und Vogelschauansichten Kölns seit Mercator studiert, aber Vorbild in dem Sinne war keine, eher Inspiration.
Vorbild, bzw. Orientierung für den perspektivischen Aufbau und die Komposition sind eher  Arbeiten aus meinem beruflichen Umfeld der Filmdesigner.
Die klassischen Stadtansichten sind in ihrer perspektivischen Darstellung ja auch ziemlich bieder, und das kam für mich nicht in Frage; da wollte ich schon was Lebendigeres. Das ist ja auch der spaßige Teil beim Zeichnen.
Aber farblich wollte ich auf jeden Fall einen „alten Look“, angelehnt an alte, handcolorierte Fotos, nichts „buntes“.
Im Übrigen liebte ich als Junge - und tue das auch heute noch - gute Wimmelbilder. Insofern ist meine Köln-Ansicht auch mein ganz persönliches Wimmelbild mit Gebäuden als Protagonisten.

Was für Hilfsmittel haben Sie benutzt?

Ich bin jahrelang immer wieder mit Skizzenblock und Fotoapparat durchs Viertel gezogen.
Sehr hilfreich waren Luftbildaufnahmen Kölns aus den verschiedensten Quellen (an erster Stelle: Bilderbuch-koeln.de..DANKE!!!), gerade für die Struktur der Innenhöfe wo ich so nicht hinkam.

Wie realistisch ist Ihre Ansicht?

Ich habe mir für meine Zeichnung viele Freiheiten genommen, bin aber immer an der Realität entlangbalanciert.
Dabei war mir sehr wichtig, das Grundmuster der Strassen und Häuserblöcke erkennbar beizubehalten.
Um jedes Haus und jede Strasse so darzustellen, daß Sie identifizierbar bleiben, musste ich die Größenverhältnisse z.T. allerdings drastisch ändern.
Es sollten dennoch die meisten Gebäude wiederkennbar sein, sofern sie nicht in der Zwischenzeit abgerissen oder überbaut worden sind.
Der Innenstadtbereich z.B. ist stark komprimiert, aber die Grundstruktur mit den Ringen, den jeweiligen Vierteln und ihren markantesten Gebäuden rund um den Dom ist erkennbar.
In der Südstadt selber, von den Bächen im Norden, bis zum Eifelplatz im Westen und dem Rhein im Osten, sollte jede Strasse und auch fast jedes Haus für den Ortskundigen identifizierbar sein.

Gab es etwas, was besonders schwierig war?

Ja, meinen inneren Schweinehund zu bekämpfen. Immer wieder war ich an dem Punkt, daß ich mich fragte, was ich da tue, und was das Ganze überhaupt soll. Aber ab einem gewissen Moment hatte ich dann schon so viel Arbeit investiert, daß ein Aufhören einfach nicht mehr in Frage kam.
Je nach Gemütsverfassung kam ich mir vor wie ein Sklave des Bildes, oder aber ich empfand das Bild als mein ganz persönliches Mandala. Und den Dom habe ich völlig unterschätzt.
Die gotische Bauweise mit all ihren Facetten erschloss sich mir nicht einfach durch Beobachtung aus der Froschperspektive. Da musste ich schon intensiv in die Materie eintauchen. Und es hat richtig Mühe und Zeit gekostet, bis ich endlich mit „meinem“ Dom zufrieden war.


Wieso ist der Dom im Verhältnis so groß?

Ich denke, als echter Kölner kann man den Dom gar nicht groß genug darstellen.
Die Betonung von bestimmten Bauwerken wuchs mit dem Entstehen und entspricht meinem subjektiven Empfinden. Der Dom ist da natürlich einzigartig.
Ich habe den Dom in seiner symbolischen Bedeutung für Köln seit meiner Kindheit immer schon als so dominierend wahrgenommen, vollkommen unabhängig von seiner sakralen Funktion. Ich empfinde den Dom als DAS zentrale Bauwerk, welches Köln eine ganz besondere Aura verleiht.
Egal wo man sich in der Stadt bewegt, der Dom ist immer der Ankerpunkt, Herz und Seele der Stadt. Ich habe den Dom so dargestellt, wie ich ihn im Alltag empfinde, nämlicher kompakter in seinen Proportionen und mit sehr dominierenden Türmen.
 Wie eine Glucke sitzt er im Nest des sich um ihn sammelnden, wimmelnden Häusermeeres.
Als kontemplativer Besucher bevorzuge ich allerdings die weniger frequentierten romanischen Kirchen. Die sind übrigens auch einfacher zu zeichnen, von den Besucherhorden im Dom mal ganz abgesehen.